267. Montagsgespräch
Faltungen

Wilfried Krüger; Horn
Dieter Trüstedt; Computermusik

Montag 22. Febr. 2010    20 Uhr
Eintritt frei
Carl Orff Auditorium München
Luisenstr. 37a, U-Bahn Königsplatz
siehe auch: http://www.echtzeithalle.de/?id=353

Zweites Montagsgespräch im Rahmen des Projektes MUSIK AUS DEM NIEMANDSLAND in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater München, dem Deutschen Musikrat, dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München und der Echtzeithalle München.

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Musik-Performance - Dauer 20 bis 40 min

Das Phänomen der Faltung geht quer durch alle Disziplinen - den Naturwissenschaften (ausgehend von der Mathematik bis hin zur String-Theorie), den Künsten (nicht nur die japanische Faltkunst), in der Musik (Convolution bzw. Hall- und Filtereffekte, Kontrapunkt), der Architektur (z.B. Jüdisches Museum Berlin, Libeskind), der Technik (vor allem der Akustik, der Elektrotechnik und der Bildbearbeitung), der Philosophie und der Metaphysik (Gilles Deleuze, Die Falte). Die Faltung ist ein gutes Gefährt für Exkursionen ins Niemandsland, in die Zwischen-Reiche unserer Denk- und Erkenntnissysteme.

Fürs Erste hat die Faltung in unserem musikalisch-kompositorischen Projekt in die Irre geführt. Die Vorstellung einen Klang in einen anderen Klang abzubilden ist zu verführerisch. Die Computermusik bietet hierfür Verfahren an, die sich der Fouriertransformation bedienen. Leider gehen auf diesem Weg - ähnlich wie bei der Granularsynthese - die Feinstrukturen des Klanges verloren, die Klänge werden verwaschen, geglättet und mit einer anderen Klangoberfläche überzogen. Was für theatrale Kompositionsverfahren interessant ist, wirkt in der künstlerischen Arbeit mit dem Klang eher irritierend und unnötig.

Durch ein einfaches Falten eines Papierblattes entsteht aus einer Fläche ein dreidimensionales Objekt, eine freistehende Skulptur, eine Raumecke, ein Dach, eine Mulde, ein Kegel usw. Gilles Deleuze diskutiert in "Die Falte" die Kultur des Barock und die Metaphysik des Mathematikers Leibniz. Irgendwie gibt es hier "vielfältige" Zusammenhänge -Leibniz der Erfinder des Integrals und des Binärsystems, die interne Sprache unserer Computer.

Vielleicht ist es eher eine Anmutung, eine Ähnlichkeit, eine Anregung, den Gedanken der (mathematischen) Faltung aufs Kompositorische zu übertragen. Wir haben verschiedene Hornklänge aufgezeichnet und werden sie unverändert vor Ort mit verschiedenen Laut-, Zeit- und Tonhöhenmustern verrechnen, steuern, falten. Diese Muster laufen mit der Variablen "Zeit" ab - schneller oder ruhiger - und spielen mit den Phonemen des Horns, kleinen ausgewählten Klangausschnitten. Wilfried Krüger und Dieter Trüstedt spielen spontan oder vornotiert mit dem Originalinstrument Horn und den Horneinspielungen auf dem Laptop in acht kleinen Kompositionen.

Aufbau für Wilfried Krueger - Carl Orff Auditorium München

Mikrofon - dratlose Übertragung

Horn-Klang-Aufnahme für Pure Data - zur Zeitstruktursteuerung einzelner Phoneme der Horn-Klänge
Wilfried Krüger - Horn und Dieter Trüstedt - Laptop

Laptop-Tastatur - 46 Tasten für Tonhöhen- / Lautstärkenspiel


Horn-Tastatur

Faltungen - Partitur
22. Febr. 2010
Dieter Trüstedt und Wilfried Krüger


Bilder je 3 min / am Schluss Sequenzer stop = Ausklingen lassen / dann ausgang = 0 // dann Bild weiterschalten / warten / ausgang =1 // zuhören !

9 x 3 min = 27 minuten

0:00
#15 > Horn-1-2-schmatz // spur1 = Folie auf 10db abschwächen / gleichmäßig spur2 wiederholend spielen / ruhig /

3:00
#16 > rappel-klatsch // spur1= Folie = Blechdosen im Wind spur1 ist Hintergrund // spur2 selten spielen /

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6:00
#17 > faddel-vögel-brumm // spur1= Folie = sammeln sich im Herbst - la Boriette // spur2 GEBRUMMEL ruhig und tief / Mischung von Sprache und Horn / merkwürdiges Gespräch /

9:00
#18 > tickel-tackel-knurr // spur1 = Folie = Tickel-Tackel im Wind // spur2 = Werkstatt - Loren rappeln durch die Landschaft / ruhig rappeln lassen //

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12:00
#19 > hachel-holz-klapper // spur1 = wieder Folie / laut-leise-Spiel am laut1-Regler // spur2 = Gegenstände auf Holz fallenlassen / läuft in Moll / nur mittlere a-Zeile spielen - vielleicht auch q-Zeile - nur links bleiben //

15:00
#20 > klappermaschine // spur1 = Folie / konstant laufen lassen // spur2 = irgendein machanischer Anschlag - recht historisch / irgendwann spielen // dem Horn zuhören // am Schluss Folie ausklingen lassen und noch etwas der Anschlag in Leere laufen lassen //

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18:00
#21 > rascheln-mit schlag // spur1 = Folie = Landwirtschaftl. Gerät sehr konstant lassen // spur2 = härterer, heller Anschlag / laut-leise-regeln und alle Zeilen spielen = hoch-tief - chromatisch // am Schluss - Folie allein und stop = ausklingend //

21:00
#22 > trauriges Horn // spur1 = Folie = Jammerhorn - einfach jammern lassen // spur2 = Einzelhorn = nur die d-Taste spielen - ruhig wiederholend - rufend, einsam // am Schluss - Folie ausklingenlassen //

(23 > Horngeklapper // - auslassen !)

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24:00
#24 > Sentimentales Viertelton-Horn im Wind // spur2 = Folie //
spur1 = automatische laut-leise-kiste ist on ! / also alle Tasten „klappern“ lassen //
Schluss = Stop-Taste ! = letzter Ton.

Schluss = 27:00


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Dieter Trüstedt / Gespräch und Diskussion mit dem Publikum

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Dieter Trüstedt und Wilfried Krüger


Jüdisches Museum Berlin - Achsen - Libeskind

Informationen
- Faltung (Mathematik)
http://de.wikipedia.org/wiki/Faltung_%28Mathematik%29
- Gilles Deleuze, Die Falte, Leibniz und der Barock
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, stw1484, 1988
http://www.suhrkamp.de/buecher/die_falte-gilles_deleuze_29084.html
- Jüdisches Museum Berlin, Der Libeskind-Bau, Die Achsen:
http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/01-Architektur/01-libeskind-Bau.php

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Johanna Trüstedt - Origami-Schachtel - Faltungen